
Notwehr, Nothilfe und Notstand – erst einmal die Theorie und zum Schluss ein Beispiel zur Verdeutlichung.
Als Waffenbesitzer muss man die Grundsätze zu diesem Thema kennen, nicht umsonst ist dieses Thema Bestandteil der Waffensachkunde.
Notwehr:
ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.
Nehmen wir uns die Voraussetzungen im Einzelnen vor:
erforderliche Verteidigung:
a) richtet sich gegen den Angreifer
b) ein Ausweichen des Angriffs ist nicht möglich (Ausweichen, als mildestes Mittel, wäre vorzuziehen)
c) Verhältnismäßigkeit der Mittel (bei einer einfachen „Ohrfeige“ ist die Anwendung der Schusswaffe nicht verhältnismäßig; bei einem Messerangriff auf das Leben des Angegriffenen aber schon)
gegenwärtiger rechtswidriger Angriff
a) gegenwärtig: unmittelbar bevorstehend oder andauernd (wenn der Angriff beendet ist, ist es keine Notwehr mehr!)
b) rechtswidrig: richtet sich gegen Leben, Gesundheit, Freiheit, Eigentum…
Die Notwehr ist nicht rechtswidrig.
Grenzen der Notwehr
Der Angriff muss grundsätzlich rechtswidrig sein. Somit kann man sich nicht in Notwehr gegen Handlungen von z.B. Polizeibeamten oder anderen Berechtigten, wehren. Das wäre eine strafbare Widerstandshandlung gem. § 113 StGB ff.
Einschränkungen gibt es auch bei Kindern, psychisch Kranken oder Betrunkenen, diese muss man hinnehmen, bis zu dem Punkt, dass die eigene Gesundheit gefährdet wäre.
Notwehrexzess:
wenn die Verhältnismäßigkeit der Mittel der Notwehr nicht gegeben ist.
Überschreitet jemand die Grenzen der Notwehr aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken, so wird er nicht bestraft.
Nothilfe:
ist eine Unterform der Notwehr, der Helfende ist nicht der Angegriffene, sondern eine andere Person.
Es gilt das oben Gesagte zur Notwehr entsprechend
Notstand:
Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.
– entspricht soweit der Notwehr (siehe oben) dort richtet sich die Handlung gegen einen Menschen/Angreifer
– beim Notstand ist es gegen Tiere oder Sachen gerichtet, wie z.B. bei einer Naturkatastrophe, angreifendes Tier o.ä.
– höhere Stellung des gefährdeten Rechtsgutes
(z.B. Abreißen einer Holzlatte eines Grundstückzaunes, um sich gegen einen angreifenden großen Hundes zu erwehren)
(einerseits: Begehung einer Sachbeschädigung; andererseits: Gefahr für Leben und Gesundheit)
Handlungen im Notstand sind nicht strafbar
zur Verdeutlichung ein konstruiertes Beispiel:
Auf der Fahrt zum Schießstand sehe ich eine Person mit Messer, die auf Passanten losgeht. Obwohl ich nicht im Besitz eines Waffenscheins bin, darf ich zur Nothilfe, in der Öffentlichkeit meine Waffe aus dem Waffenkoffer entnehmen, laden und den Angreifer ansprechen. Dieser lässt daraufhin von den Passanten ab und wendet sich in meine Richtung.
Hier wird aus der Nothilfe eine Notwehr, ist aber für mein weiteres Handeln unerheblich.
Als milderes Mittel und wenn es mir möglich ist, gebe ich einen Warnschuss ab.
Variante a) Der Täter lässt das Messer fallen und flüchtet. In diesem Moment ist die Notwehr beendet und eine Schusswaffenanwendung nicht mehr zulässig.
Variante b) Der Täter geht weiter gegen mich vor. Die Anwendung der Schusswaffe ist gerechtfertigt, um die Gefahr für mein Leben abzuwenden.
Variante c) Der Täter geht weiter gegen mich vor. Ich bemerke, dass das Messer nur aus dünner Pappe besteht. Eine Schusswaffenanwendung ist nicht mehr zulässig, das Mittel wäre unverhältnismäßig. Einfache körperliche Gewalt zur Abwehr, wäre ein zulässiges Mittel.
Bemerkungen zu diesem, sehr sehr vereinfachten, Beispiel
Es soll nur die Unterschiede und die Verhältnismäßigkeit verdeutlichen. Es gäbe noch vieles mehr zu beachten.
Es gibt die Pflicht zur Hilfeleistung, soweit sie zumutbar ist. Aber niemand ist verpflichtet, sich selbst in Gefahr zu bringen (mal vom Polizeibeamten abgesehen). Aber um sich nicht strafbar zu machen wegen unterlassener Hilfeleistung, ist es zumutbar, den Notruf der Polizei zu tätigen und später als Zeuge zur Verfügung zu stehen.